Über Höhlenbier lesen und lettische Musik gewinnen / Win Latvian Folkmusic

Take me to the English version!

Daran, auch mal abends alleine im Restaurant zu sitzen, habe ich mich gewöhnt. Es kommt selten genug vor, dass ich das Geld habe essen zu gehen, wenn ich unterwegs bin, und wenn ich mir das dann gönne, genieße ich es. Egal ob ich alleine an einem Tisch sitze oder nicht.
Etwas anderes ist es aber immer noch alleine in einer Bar zu sein.

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„Ala“ heißt „Höhle“ auf Lettisch. Ein passender Name für die Bar in den Gewölben unter Rigas Altstadt. Ein kleiner, unscheinbarer Eingang und dahinter dann ein überraschend großes Kellersystem, ein Raum nach dem anderen, es sind nicht alle genutzt und schließlich im letzten dann eine Kneipe, die so urig wirkt als würde man einen Hobbitfilm hier drehen. Continue reading

Welcher Institution würdest du in einer Krisensituation vertrauen?

Wenn deine individuellen Lebensbedingungen einmal – sei es auch nur in einem kleinen Teilbereich – subjektiv unerträglich sein sollten: Was würdest du tun? Wie, von wem oder welcher „Institution“ (im weitesten Sinne) würdest du dir am ehesten einen tatsächlichen Einfluss auf die misslichen Bedingungen – eine Änderung – erhoffen?“

Beate überlegt und blättert gedankenverloren durch den Stapel bunter Papiere, die vor ihr auf dem Tisch liegen. Die Blätter sind selbst gestaltete, laminierte Seiten, auf denen sich die Frauen des Frauenclubs, den Beate leitet, selbst vorstellen. Auf fast jeder Seite sind bunte Fotos, einige Frauen haben Collagen aus den Bildern ihrer Familie gemacht.

Die Frauen in meinem Frauenclub sind ein Querschnitt durch die Gesellschaft, einige sind alt, andere sind jung. Ein paar sind Hausfrau, andere arbeiten, viele haben Kinder, einige sind alleinerziehend, ein paar Frauen geht es wirtschaftlich gut und andere müssen jeden Cent zweimal umdrehen.“ Ich treffe Beate, um von ihr zu hören, wie es Frauen in Lettland geht. Und um endlich mal jemanden die oben genannte Frage meines Leser Thomas Güssow zu stellen.
“Aber ich kann nur für mich sprechen, für mich und für die Frauen, die ich kenne“, stellte Beate gleich zu Anfang klar.

Scan-140125-0001Jubiläumsbroschüre des Frauenclubs Continue reading

The Grandma Choir

A 80 years old Latvian woman might have never moved in her entire life but lived in six different countries.

Let’s say she was born on the 23th June 1933 in Riga. And like most of the girls born at the saint’s day of Līga, her parents called her Līga, too. Līga took her first breaths in a independent Latvia with a parliamentary democracy and modern rules of minority protection.
Following a European trend, the Latvian democracy changed into a nationalistic dictatorship after a coup of the prime minister Karlis Ulmanis in 1934. While Līga didn’t notice the first change for sure, she might have heard her parents talking about the Ribbentrop-Molotov Pact by the age of six.
The pact split Europe between the Soviets and the Nazis. Latvia fell to the Soviets. Due to the pact the Soviet army invaded Latvia in 1940. From now on Līga didn’t live in Latvia anymore but in the Latvian Soviet Socialist Republic.

Pictures can be found in which Latvian women throw flowers at the Nazis when they, despite the nonaggression pact, invaded Riga in 1941. The Latvians suffered a lot under the Soviet Regime and hoped the Germans might treat them better. Maybe Līga and mother joined the other women on the streets waving at the Germans.

Anyhow, from 1941 her hometown Riga was known as the capital of the Reichskommisariat Ostland. A from Nazis occupied and administered federation of the Baltic states, parts of Poland, and Belarus. This, however, didn’t last long either. If Līga wasn’t lucky enough the escape Riga, she might have witnessed heavy fighting between the Soviets and the Nazis in her hometown by the age of 11. A little later the heavily destroyed Riga was handed over to the winning Soviet troops. From this moment on the girl lived again in the Latvian Soviet Socialist Republic. In this state she grew up. Maybe she worked in one of the Soviet factories around Riga or in the port. Maybe she raised children, too. However, by the age of 56 she witnessed how the Soviet Empire begun to to fall apart. Perhaps she has been one of the thousands of people who formed a human chain through the Baltic countries to protest for their independence.

Raw footage of the Baltic humanchain. Best to be started at 2:50

After the peaceful revolution she lived in the sixth, and probably last, country of her live: the independent Republic of Latvia. Continue reading

Frollein Europa zwischen den ganz Großen

Ein kurzer Off Topic Post in eigener Sache.

Als es draußen noch Sommer war und ich in der Türkei (das klingt wehmütiger als es gemeint ist), schrieb mir die Journalistin Corinna Blümel ein Mail. Sie wollte über das Thema  “Journalismus und Crowdfunding” schreiben und stieß dabei auf mein Projekt. Inzwischen ist es Winter und ihr Artikel über Crowdfunding schon etwas älter, durch die ganze Reiserei und den zugegebenermaßen schluddrigen Umgang mit meinem Postfach habe ich den Artikel aber erst vor kurzem entdeckt.

Zwischen Crowdfunding-Größen wie „Am Borsigplatz geboren – Franz Jacobi und die Wiege des BVB“ und „Jung & Naiv – Politik für Desinteressierte“  steht da doch tatsächlich immer mal wieder Frollein Europa. Ja, das macht schon ein bisschen stolz. Zu dem tollen Artikel kommt ihr durch ein Klick hier.

SAM_0765Und das ist heute der Blick von meinem Fenster aus. Schnee so weit das Auge reicht.  Wenn man sich an den Häusern vorbei in den Wald schlägt, sieht das sogar noch schöner aus. Die letzten Tage habe ich übrigens auf dem Land verbracht, war bei einer Bauernkonferenz, von der sich herausstellte, dass sie keine war und im Marc Rothko Center in Daugavpils, einer Stadt fast schon an der russischen Grenze. Beider leider nur so mittelerfolgreich – aber Rückschläge gehören dazu, dass habe ich inzwischen gelernt. Zwei Wochen habe ich noch in Lettland und somit ja noch ein bisschen Zeit, nach echten Bauern zu suchen…

Ich wünsch Euch einen schöne zweiten Advent!

Großmütterchen Chor

Eine Lettin, die vor 1934 geboren ist, also mindestens 80 Jahre alt ist, kann in ihrem Leben niemals umgezogen sein und doch in sechs verschiedenen Staaten gelebt haben.

Sagen wir, sie wurde am 23. Juni 1933 in Riga geboren und wie fast alle Mädchen, die an dem Namenstag der Līga geboren wurden, tauften auch ihre Eltern sie auf den Namen Līga. Ihre ersten Atemzüge tat Līga in einem unabhängigen Lettland mit parlamentarischer Demokratie und modernem Minderheitenschutz. Sie wird in ihrem ersten Lebensjahr wohl nichts davon mitbekommen haben, wie sich diese Demokratie 1934 nach einem Staatsstreich, ganz der damaligen europäischen Mode folgend, in eine nationalistische Diktatur verwandelte.
Mit sechs Jahren hörte Līga vielleicht die Erwachsenen über die Unterzeichnung des Ribbentrop-Molotow-Paktes reden. Der Pakt teilte Europa zwischen den Sowjets und den Nazis auf. Lettland fiel den Sowjets zu. Dieser geheime Pakt war die Grundlage dafür, dass die inzwischen siebenjährige Līga ab 1940, nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee, nicht mehr in Lettland, sondern in der Lettischen Sozialistischen Sowjetrepublik lebte. Continue reading

Endlich wieder unterwegs!

Angekommen in Lettland. Lettland hat einen besonderen Status für mich auf dieser Reise. Es ist das einzige Land, dessen Sprache ich beherrsche, oder beherrschte, und wo ich schon einmal lebte. 2009/2010, also mit 16 Jahren, habe ich in einem Vorort von Riga für ein Jahr bei einer Gastfamilie gelebt und bin hier zur Schule gegangen (Nachlesen kann man das auf meinem Austauschjahrblog http://liljainlettland.twoday.net/ – Großes solltet ihr allerdings nicht erwarten, behaltet im Hinterkopf das ich 16 Jahre alt war und für Familie und Freunde schrieb.) Es war kein einfaches Jahr für mich und mein Verhältnis zu Lettland ist etwas gespalten. Einerseits liebe ich die Sprache und die Natur sehr, andererseits fiel es mir sehr, sehr schwer in Lettland Freunde zu finden und mich einzuleben. Nach Lettland zurück wollte ich vor allem um das Land noch einmal anders kennenzulernen und um den Vorteil, die Landessprache zu sprechen, für mein Projekt zu nutzen.

Viesgimene2009Mit 16 Jahren im Kreise meiner lettischen Gastfamilie.

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Vergiss das Föhngelaber – sieben echte Tipps für reisende Frauen

Ich bin wieder in Berlin. Laufe durch die eigene Wohnung, weiß, wo ich nach Gemüseschälern suchen muss und welche Messer nicht in die Geschirrspülmaschine kommen. Den Großteil meiner Zeit verbringe ich aber weder in der vertrauten Küche noch auf den Straßen sondern in Wartezimmern. In Berlin bin ich nämlich wegen meiner Weisheitszähne. Alle vier haben sich entschieden gleichzeitig zu wachsen und müssen gezogen werden.

Es ist schön Freunde und Familie zu sehen und doch packe ich meinen Rucksack nicht aus und streichle ihn vorm Schlafen gehen – ich möchte noch nicht fertig sein mit dieser Reise. Beim einloggen hat WordPress mir heute ein glückliches Jubiläum gewünscht, vor genau einem Jahr habe ich www.frolleineuropa.de angelegt. Continue reading

Little House On The Prairie

As the ferry docked at the port of Piraeus, I awoke from a short night of sleep on the carpeted floor of the ferry and looked around; the days had merged. Had it been dark between departure and arrival at all? I shouldered my backpack, rubbed the sleep from my eyes and tried to get my bearings. Two phone numbers and “Korinthos”, the name of a railway station, were written on the little piece of paper that I held in my hand. After almost eight month of traveling, I’m an expert in asking for directions and finding trains. Even through the blistering midday heat, I succeeded in transferring to another train in an abandoned station. I arrived in Korinthos a little early and I found myself alone on the platform. A man appeared and asked me if I needed help. I declined and tried to explain him that I would be picked up immediately. He didn’t leave my side until I told him that it was my boyfriend who was on his way to pick me up. He disappeared from my view and I thought to myself that if he was still in the station, he must have been terribly confused when my ride became visible moments later. The man who emerged from a battered blue compact car and greeted me was about fifty years old. The hand he extended out to me as a welcome was cracked and dusty and he was wearing a baggy shirt with some holes in it and his pants were caked with earth. The man smiled warmly and introduced himself as Konstantin.

SAM_0402The Korinthos canal, just a few minutes driving by bike from the farm

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Das schlimmste auf dem Bauernhof ist nicht die Hühnerscheiße.

Wenn die Nächte kurz sind, ein paar Stunden Schlaf auf dem Teppichboden einer Fähre, verschmelzen die Tage. War es zwischen Abfahrt und Ankunft überhaupt dunkel? Im Hafen von Piräus schultere ich meinen Rucksack, reibe mir den Schlaf aus dem Augen und versuche mich zu orientieren. Auf einem kleinen Zettel in meiner Hand stehen zwei Handynummern und der Name eines Bahnhofes: Korinthos. Nahe Korinthos befindet sich der Bio-Bauernhof, den ich über das WWOOFER Netzwerk gefunden habe, auf dem ich die nächsten zwei Wochen arbeiten will. Nach fast acht Monaten Reise habe ich Erfahrung im Menschen fragen und Züge finden. Sogar das Umsteigen an einem Geisterbahnhof in der flimmernden Mittagshitze gelingt mir und so komme ich schließlich früher als erwartet in Korinthos an.

Außer mir wartet niemand auf dem Bahnhof. Ein Mann fragt mich, ob er mir helfen könne. Müde winke ich ab und versuche zu erklären, dass ich gleich abgeholt werden sollte. Er geht nicht bis ich ihm sage, es wäre mein Freund, der mich gleich abholen würde. Falls der Mann noch ein paar Momente länger am Bahnhof gewartet haben sollte, muss sich ihm ein merkwürdiges Bild geboten haben.
Denn der Mann, der wenig später aus einem verbeulten blauen Kleinwagen aussteigt und mich begrüßt, ist um die fünfzig Jahre alt. Die Hände, die er mir zur Begrüßung reicht, sind rissig und staubig. Er trägt ein ausgebeultes Hemd mit einigen Löchern und an seiner Hose klebt Erde. Seine zweckmäßige Arbeitskleidung erinnert mich an meine Familie in Breb. Ein wenig später wird Alexandra, seine Frau, mir eine Tomate an ihrem T-shirt polieren. Sowie Christis Mutter in Breb schnell noch einmal mit dem Ärmel über die Teller fuhr, wenn sie ihr nicht sauber genug erschienen.
Der Mann stellt sich als Konstantin vor und lächelt mich herzlich an.

SAM_0402Der Korinthos-Kanal. Mit dem Fahrrad nur weniger Minuten von dem Hof entfernt. Continue reading

Thessaloniki Street Art

a few words in English about the pictures

Ich freue mich sehr, dass Nora sich unter dem letzten Post Graffitibilder gewünscht hat. Zum einen gab mir das die Gelegenheit rauszufinden wie die WordPressslideshow funktioniert, und zum anderen ist das der vielleicht leichteste Post seit… immer!

Die Bilder sind bis auf wenige Ausnahmen an einem Sonntagnachmittag in Thessaloniki entstanden. Normalerweise ist die Stadt keine Geisterstadt sondern voller nicht-geschlossener Läden (also sind die tags und graffitis auf den Rolläden oft gar nicht zu sehen) und Studenten.

Die Berlinerin Julia Tulke hat ihre Masterarbeit über Street Art in Athen geschrieben. Im Interview mit der Süddeutschen erzählt sie einiges über Counterpropaganda und die Rolle, die Street Art in der Krise spielt. Das Interview mit Julia Tulke könnt ihr hier lesen.

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