Der Tag, an dem die Wahlbenachrichtigung in der Marmelade landete

„Das könnte genauso gut chinesisch sein“, Katrien hält ein dünnes Heftchen in der Hand und versucht die Seiten umzublättern. Der Versuch scheitert und das Heftchen faltet sich auf zu einem großen Blatt Papier, so bedruckt, dass man es theoretisch wieder zusammenfalten und dann wohl auch umblättern könnte, zumindest sofern man die richtigen Ecken festhält. Die untere Ecke des Papiers ist das Glas mit der tiefroten Marmelade geflattert. Beim Versuch das Papier wieder zusammenzufalten hinterlässt die Marmelade kleine Flecken auf einigen Wörtern. Auf dem Papier stehen in vielen, kleingedruckten Blöcken Namen unter Parteilogos. Es ist die Wahlbenachrichtigung zur Europawahl. „Nicht ein Name sagt mir etwas, ein paar von den Parteien kenne ich vielleicht. Hier, das ist die Grüne Partei“, sie zeigt auf einen Block mit Namen,“Nummer Sechs auf der Liste ist eine Studentin. Das ist doch sympathisch. Wenn ich wählen gehe, dann wähle ich die.“

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Ich sitze auf dem Innenhof von Katriens kleinem Bauernhof und esse frischgebackenes Brot mit selbstgemachten Ziegenkäse und Marmelade. In den letzten Tagen hat es immer um exakt um ein Uhr angefangen zu regnen, heute strahlt die Sonne. Katrien habe ich über Workaway gefunden, dass heißt, eigentlich habe ich sie nicht gefunden, sondern ihre Nachbarn haben sie mir empfohlen. Drei von Katriens Nachbarn sind ebenfalls bei Workaway auf der Suche nach freiwilligen Helfern. Den Nachbarn hatte ich geschrieben, um dort zu arbeiten und mehr über die Slowakei und ihre Kultur zu erfahren. Katrien hatte ich nicht geschrieben, weil sie eigentlich aus Belgien kommt und somit durch mein „Slowakei-Raster“ fiel. Nachdem aber niemand der Nachbarn Zeit für mich hatte, und alle mich an Katrien weiterempfohlen, gab ich auf. Außerdem, was macht eine Belgierin auf einem entlegenen Bauernhof in den slowakischen Karpaten? Continue reading

Frollein Europa Europawahl-Spezial

Whoa that’s all in German! Can I please read it in English?

 

Wer sich gestern Abend zufällig auf meinen Blog verirrt hat, wird die etwas unbeholfene Veränderung im Banner bemerkt haben, für Euch und alle anderen nun die offizielle Ankündigung des

Frollein Europa EU-Wahlspezial.

Aber so war das doch alles gar nicht geplant? Wolltest du nicht eigentlich ein Ende finden oder nach Norwegen fahren? Ganz genau. Und dann kam alles anders:

Während ich meine Zeit in Rom genoss, schob ich im Kopf Ideen hin und her. Was tun mit dem Frollein Europa Projekt? Wie könnte ich mein Material noch einmal sammeln und alles unveröffentlichte endlich nutzen? Vielleicht als kleines Ebook? Aber würde ich Zeit und Geld haben mich auf das Verfassen eines Ebooks zu konzentrieren? Zumindest während des ersten freien Tages in Rom dachte ich über all diese Dinge sehr ernsthaft nach. Dann verliebte ich mich Halsüberkopf in diese wunderschöne Stadt und ließ mich durch Straßen und über Plätze treiben. Als am dritten Tag dann auch noch die Sonne herauskam und ich einen Host hatte, bei dem ich hätte bleiben können, war es sehr verlockend den Flug zurück sausen zu lassen und irgendwann dann nach Berlin zurück zu trampen.

Die Reisemagie hatte mich wieder. Es ist so, sobald ich meinen Rucksack auf setze und aus der Haustür meines Berliner Zuhauses trete, im Nacken das Chaos der üblichen Abschiede und die Zuhause vergessenen Dinge, finde ich auf der Straße ein Stück von mir wieder. Es ist, als wäre ich nicht ein Ganzes, niemals ganz glücklich, wenn ich nicht unterwegs bin.

Und so zog mich wenig zurück nach Berlin und viel trieb mich dazu, einfach in Rom zu bleiben. Am letzten Tag in Rom dann, wenige Stunden bevor mein Flieger nach Berlin abheben würde, startete ich meinen Computer um anzukündigen, dass ich nicht nachhause kommen würde. Doch im Posteingang wartete eine Mail mit dem Betreff „DRINGEND!“ auf mich. Die Mail kam vom WDR. Sie würden aus meinem Frollein Europa Projekt anlässlich der EU-Wahl gerne eine Dokumentation machen. Ob ich denn Interesse hätte? Continue reading