Ahmed läuft schnell, manchmal komme ich nicht hinterher und dann dauert es einen Moment bis er es bemerkt und stehen bleibt. Wir wandern durch die Calanques. Das ist ein Naturschutzgebiet ein paar Kilometer außerhalb von Marseille. Im Sommer soll es hier sehr voll sein, heute ist niemand da. Der für Marseille typische Wind zerzaust die Sträucher und manchmal drückt er mir so sehr in den Rücken, dass ich das Gefühl habe angeschoben zu werden.
Wir schweigen viel. Manchmal ist mir das unangenehm und ich suche nach Gesprächsthemen weil ich das Gefühl habe, dass ich, der Gast, für die Unterhaltung sorgen muss. Die Calanques sind riesige Felsen, ein bisschen so wie ich mir die Rocky Mountains vorstelle. Am Fuß der Felsen gibt es eine Bucht mit flachen Steinen auf denen sich im Sommer ganz Marseille sonnt. Dorthin sind wir unterwegs. Der Abstieg ist steil und manchmal rutschte ich auf den losen Steinen aus. Ein- oder zweimal falle ich hin, jedes mal dreht sich Ahmed erschrocken um und fragt, ob alles ok ist. Ich bin froh, dass er nie versucht meine Hand zu nehmen um mir zu helfen.
Unten angekommen peitscht der Wind uns das aufgewirbelte Wasser entgegen. Ganze Wolken kleiner Tropfen treiben die Berge hinauf. Wir treffen ein Paar aus Südafrika und im Gespräch erzähle ich ihnen, dass ich Ahmed und Marseille erst ein paar Tage kenne. Die Frau ist überrascht. „Ihr wirkt wie alte Freunde“ sagt sie. Ab diesem Moment kann ich die Landschaft auch schweigend genießen, für alte Freunde muss man keine Show machen.